Anneros Troll ist mit ihren fotografischen Landschaftsportraits von der Bodenseeregion und aus Reisereportagen schon weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden. In zahlreichen Ausstellungen konnten ihre Fotografien schon bewundert werden. Ein weiteres künstlerisches Betätigungsfeld sind ihre FotoGrafiken, in denen sie fotografische Aufnahmen in faszinierender Weise digital überarbeitet und so die Natur in die Welt der bildenden Kunst einbezieht. Die teils großformatigen Bilder sind eine Bereicherung für Wohn- und Geschäftsräume.

Anneros Troll wurde als Anneros Frosch in der Otto-Dix-Stadt Gera geboren und ist im Württembergischen Allgäu aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester arbeitete sie in leitenden Positionen in Wangen im Allgäu, Mutlangen und Schwäbisch Gmünd. 1990 gründete sie zusammen mit ihrem Mann Ernst Troll die Firma Troll Design. Sie ist Mit-Herausgeberin der Magazine Seehas Magazin und SeeSommer. Seit 2002 ist Anneros Troll Inhaberin der Edition FotoArt. 2012 folgt mit der Eröffnung der Mo1Art Galerie ein neuer beruflicher Schritt. Das Ehepaar hat zwei Söhne.

Laudatio zur Eröffnung der Ausstellung FotoGrafie.FotoGrafik

Im Zentrum des Schaffens der Fotokünstlerin Anneros Troll steht die intensive Auseinandersetzung mit den Themenbereichen Natur und Landschaft. Als Initiatorin und Mitherausgeberin des Seehas-Magazins und SeeSommer-Magazins, Buchautorin, durch Auftragsarbeiten für renommierte Reiseführer, Architekturzeitschriften, Fotokalender sowie Kultur- und Touristikpublikationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Ausstellungen in der Region, konnte sie seit 1995 bemerkenswerte Erfolge feiern. Seit der Gründung ihrer Firma „Edition FotoArt“ im Jahr 2001 schwenkt die Lichtbilderin ihren Blick von der Weite der Landschaft hinüber auf das Naheliegende von Blumen und Früchten und konzentriert sich zunehmend auf das Medium der digitalen Makrofotografie, deren bildnerische Ergebnisse sie seit 2004 per Computertechnik grafisch überarbeitet. Aus diesem Spezialgebiet der Fotokunst präsentiert die Ausstellung rund 30 Arbeiten, in der Hauptsache Pflanzen- und Naturstudien. Der weitaus größte Teil ihrer Motive entstammt dem heimischen Garten in der Steißlingener Mozartstrasse. Hibiskus und Hagebutten, Lilien und Löwenzahn, Johanneskraut und Trompetenblumen, Birnen und Erdbeeren betreten als Hauptakteure die Bühne der Fotografie. In diesen Aufnahmen unternimmt Troll den entscheidenden Schritt vom exakt erfassten Abbild zum freien künstlerischen Ausdruck, sie löst sich bewusst vom Naturvorbild und thematisiert das Wechselspiel zwischen beobachtetem Gegenstand und gestalterischer Abstraktion. Ihre Werke berühren damit eine der zentralen Fragen in der Kunst- und Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts: die Überwindung der sichtbaren Wirklichkeit mit den Mitteln künstlerischer Darstellung.

Ein virtuoses und souveränes Experimentieren mit den technischen Gestaltungsmöglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung und das nachträgliche Verfremden  ausgewählter Fotografien in einem zweiten Arbeitsschritt kennzeichnet den eigentlichen Werkprozess von Anneros Troll. Mit sicherem Gespür für die dem Motiv innewohnenden Ausdrucksqualitäten modifiziert und übersteigert sie grafische Strukturen, überreizt formale Effekte, übertreibt farbliche Akkorde und gelangt so zu überraschenden Bildlösungen, die stets den Bogen spannen zwischen Abstrakt-Expressiv, Lyrisch-Poetisch und Dekorativ-Ornamental. Sie selbst bezeichnet ihre Bildfindungen als „FotoGrafiken“ und verdeutlicht darin den Anspruch, subjektiv gestaltete, von der Realität abgerückte Ausdrucksformen hervorzubringen, die uns primär den optischen Reiz grafischer Aspekte wie Linienverläufe, Oberflächentexturen, Hell-Dunkel-Kontraste, Lichtschattierungen oder Farbklänge vor Augen führt. Gleichwohl setzt sie ihre Arbeitsweise nach eigener Aussage in direkten Bezug zu den traditionellen Medien der Grafik und Malerei, sie bezeichnet den Computer-Bildschirm als ihre „Leinwand“, das (Zitat) „Programm Photoshop bietet die Farbtöpfe und die Computermaus ist der Pinsel. Ich verwische, überdecke und komponieren neue Formen bis aus meiner Fotografie ein Gemälde geworden ist.“ Mit dieser Auffassung von Fotokunst verleiht sie der technisch reproduzierten, wirklichkeitsgetreuen Aufnahme über das gezielte Herausfiltern von Zwischentönen, das Verschleifung von Konturverläufen oder das furiose Übersteigern der Farb- und Lichtwerte eine unverwechselbare, individuelle Handschrift. Ihre Bilder bewegen sich zwischen minimalistischer Strenge und plakativer Pop Art und formulieren die Synthese zwischen Natur und Kunst.
Die heimische Flora tritt uns als Mikrokosmos entgegen, dessen immenser Formen- und Farbenreichtum der Fotokünstlerin eine unerschöpfliche Inspirationsquelle bietet. Mit ihrer Kamera schlüpft sie geradezu in die Blumen und Pflanzen hinein und eröffnet uns die Sicht in eine fremdartige, unwirklich und geheimnisvoll anmutende Traum- und Phantasiewelt. Der einzigartige Blickwinkel der Makrofotografie blendet den Umgebungsraum vollkommen aus, die enorme Überproportionierung des Abbildungsmaßstabes isoliert die Bildmotive aus ihrem ursprünglichen Kontext, das kühne Agieren mit unterschiedlichen Tiefenschärfen fokussiert unsere Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, lässt das Unbekannte sichtbar werden, entführt uns in eine faszinierende, zeitlose Erfahrungswelt und läßt das Ungewöhnliche im scheinbar so Vertrauten unserer Gärten und Wiesen gleichsam magisch hervortreten. Mittels der Manipulation am Computer, bei der in einem aufwändigen Verfahren die eingefangenen Bildmotive Pixel für Pixel in reine Ausdrucksarabesken transformiert werden, durchlaufen die Objekte erstaunliche Metamorphosen. Das zuvor oftmals banal-belanglose Sujet gewinnt ungeahnten Wirkungsgehalt und erzielt lebhafte Stimmungsmomente. Bisweilen sehen wir uns mit einer rätselhaften, geradezu surrealen Bildwelt konfrontiert. Bei näherer Betrachtung lösen sich viele Darstellungen in gegenstandslose Farbzonen und facettenreiche Formblöcke auf. Formatfüllende Details wie Blütenblätter oder Fruchtstempel entwickeln nicht selten ein bizarres, ein dramatisches Eigenleben und schärfen unser Auge für den spektakulären Formenkosmos, den die Natur selbst in den winzigsten Bereichen für uns bereithält. Andere Aufnahmen wie etwa die „Schafherde“ erinnern in ihrer spröden graphischen Reduktion der grobkörnigen Schattierungen unwillkürlich an flächendekorative Farbholzschnitte früherer Epochen, so beispielsweise an die Kunst fernöstlicher Grafik des 19. Jahrhundert.

Mit ihren Arbeiten steht Anneros Troll in der kunstgeschichtlichen Tradition der „subjektiven Fotografie“, einer Stilrichtung in der modernen Fotografie der 50er und 60er Jahre, die durch technische Experimente dem Natureindruck gänzlich neue Wirkungsformen entreissen wollte. Die Fotokünstlerin folgt der Ambition, dass zeitgenössische Fotografie nicht länger nur dienen und dokumentieren, sondern vor allem autonom gestalten und künstlerisch deuten soll. Ihre Vorliebe für nahsichtige, stillebenartige Naturaufnahmen verbindet sie ikonographisch mit dem Hauptmeister der Pflanzenfotografie des 20. Jahrhunderts, mit dem berühmten Karl Bloßfeld und seiner neusachlichen Fotokunst der 20er Jahre. Im Unterschied zu Bloßfeld, der sich der Botanik mit naturwissenschaftlichem Abbildungseifer näherte, will Anneros Troll  keine nüchterne Bestandsaufnahme des Gesehenen, ihr Bestreben gilt nicht der sachlichen Reportage und der oberflächlichen Beschreibung sondern vielmehr der Suche nach der verborgenen Schönheit hinter der äußeren Hülle der Dinge. Ihre intensiven Bildschöpfungen visualisieren die versteckten Sensationen im Mikrokosmos der Pflanzenwelt und inszenieren eine lustvolle Begegnung mit dem Dargestellten. Sie deckt die Geheimnisse der Natur auf und sucht mittels grafischer Verwandlung nach neuen farblichen und formalen Zusammenhängen.

Dr. Andreas Gabelmann
Kunsthistoriker

© 2018 edition FotoArt Anneros Troll